Besuch beim Z-Club Uzhhorod

Unser Clubmitglied Régine Deguelle hat anläßlich der Charterfeier des jüngsten Z Club in unserem Distrikt, Z-Club Uzhhorod, erneut die Ukraine besucht. Ihre bewegenden Eindrücke schildert sie in ihrem folgenden Bericht.

 

Uzhhorod im Frühling 2024
Sakura, so heißt das Fest der Kirschblüte in Japan. Sakura wird aber nicht nur da gefeiert.
Wenn in Uzhhorod die Bäume an der Uferpromenade des Flusses Uzh blühen, dann wird da auch hier zu Beginn des Frühlings gefeiert.
Sakura steht für Jugend, Aufbruch und Optimismus.
...und seit zwei Monaten steht es auch für den jüngsten Z Club in unserem Distrikt, den Z Club von ZC Uzhhorod.
Die Charterfeier für diesen Club der jungen Frauen ist doch ein guter Grund wieder einmal in die Ukraine zu reisen.
Sie findet an einem Freitagnachmittag in einem guten Restaurant statt.
15 Schülerinnen der Taraz Tschevtschenko Oberschule sind gekommen und noch zwei Töchter von Zontians.
Ich freue mich besonders darüber, weil ich einige der Schülerinnen bei meinem Aufenthalt letzten Sommer kennengelernt und ihnen natürlich von Zonta erzählt habe.

Sakura Mädchen

Vier Lehrerinnen aus der Schule sind ebenfalls im ZC Uzhhorod.
Katharina Bizilya, die schon den ZC Uzhhorod mitgegründet hat, war auch die für den Sakura Club.
Die jungen Frauen wollen in einer internationalen Organisation mitmachen. Alle sprechen hervorragend Englisch (Katharina ist Englisch Lehrerin). Ihr erstes Projekt: Sie wollen kriegsversehrten Soldaten in den Krankenhäusern helfen und schauen sich nach einem geeigneten Frauenprojekt um.
Nach den Reden überreiche ich ihnen die Zonta Nadeln und die Zonta Taschen, die der Distrikt gespendet hat.
Auch nach 27 Monaten im Krieg ist es ruhig in Uzhhorod, dieser ukrainischen Stadt ganz im Westen des Landes. Es gibt zwar jeden Tag mehrmals Bombenalarm, doch ohne Konsequenzen, so scheint es.
Einschränkungen gibt es allerdings bei der Strom- und Wärme Versorgung. Die werden leider erfolgreich von vom russischen Feind zerstört.
In der Hauptsache ist Uzhhorod aber eine große Flüchtlingsstadt geworden. Viele kommen aus dem Osten hierhin.
Ukrainer, die es sich leisten können, ziehen ins Hotel oder kaufen sich eine Wohnung.
In der Nähe des Bozdosh Parks im Westen der Stadt boomt der Bau von Wohnungen. Mehrfamilienhäuser wachsen aus dem Boden, Rohbauten überall.
Viele IDPs (Internally Displaced Persons) finden allerdings nicht so leicht eine Unterkunft. Für sie gibt es Gemeinschaftsunterkünfte oder die Couch bei Freunden. Die Solidarität ist groß, allerdings auch nicht grenzenlos.
Der Krieg ist natürlich überall zu spüren. Diverse Rekrutierungsstände in der Stadt machen deutlich, wie dringend Nachschub an der Front gesucht wird.
Die Wirtschaft leidet und ist vor allem für Hersteller, die mit westlichen Firmen zusammenarbeiten viel schwieriger geworden. „Parada", die Kleiderfabrik von Clubmitglied Myroslava, stellt jetzt Regencapes, Schutzwesten, tragbare Unterstände für Soldaten her. Eine Umstellung und eine patriotische Pflicht. Einige geflüchtete Frauen arbeiten hier, andere werden mit Kleiderspenden und Heimtextilien versorgt. Daran hat sich seit dem Beginn der Flüchtlingswelle nichts geändert.

Aufnahme neuer Mitglider

Die Mitglieder des Zonta Clubs engagieren sich weiter an vielen Orten. Sie unterstützen sowohl einzelne Flüchtlingsfamilien, als auch Organisationen und Projekte.
Diese Projekte haben wir besucht:

• Ein „Frauenhaus"
Es wird von der Regionalregierung finanziert und liegt in einem größeren Seniorenheim und ist winzig: 10 Frauen und Kinder können hier in drei vollgestellten Zimmern unterkommen. Es gibt keine Küche, nur eine Kochgelegenheit auf dem Gang.
Zonta Uzhhorod hat Ihnen einen Notruf finanziert (falls Männer vor dem Gebäude auftauchen und randalieren), einen Multifunktionskocher und einen Heizboiler.

Zwei, wohl typische Beispiele für Frauen, die hierherkommen: Roma Frauen, die extremer Gewalt ausgesetzt sind und Frauen von -traumatisierten- Soldaten, die geschlagen und gequält werden. Eine Frau kam mit Brüchen an Fingern und Armen. Sie wurde fünfmal operiert. Der Mann hat sich später umgebracht.

Die Traumata, die die Menschen in der Ukraine davontragen sind ein großes Thema auch bei der Hilfe, die der Club mit den Geldern der Zonta-Spenden unterstützt.
• Zum Beispiel dqs Projekt „дерево мого життя" – Der Baum meines Lebens - bietet Schulungen und Therapien für kriegstraumatisierte Soldaten und ihre Familien an.
In einem schönen, gemütlichen Haus arbeiten drei Therapeutinnen mit ihnen.
Das Projekt wird von Spenden finanziert, die von der Caritas und diversen Rotary Clubs in Tschechien, Europa und Kanada kommen.
Zonta könnte zum Beispiel Schulungen für Patienten und Therapeuten bezahlen. Außerdem müsste der Eingang dringend behindertengerecht ausgebaut werden.
Sehr dringend werden hier männliche Therapeuten gesucht.
Insgesamt haben sie im Moment 78 Patienten. Viele werden schon in den Krankenhäusern therapiert und kommen dann später hierher.
Die Patienten haben oft Drogen- oder Alkoholprobleme, viele sind gewalttätig und müssen mit ihren Familien behandelt werden.
Hinzu kommen organische Krankheiten infolge von Explosionen. Schwere Gehirnerschütterungen wirken sich auf Körper und Geist aus.
• Ein Waisen- und Kinderheim in Mukatschevo, ca. 50 KM von Uzhhorod entfernt.
Hier wohnen 55 Kinder von ca. 2 bis 20 Jahren. Sie kommen aus der Gegend von Dniepro im Osten der Ukraine, ca. 1.400 Kilometer von hier entfernt. Das Heim ist sehr schlecht ausgestattet. Es gibt 10 Betten pro Zimmer, wenig Lern- und Spielmaterial und keine sehr gute Ernährung.
Außer an Kleidung fehlt es an allem.
Es gibt 6 Betreuer, die sich abwechseln, darunter auch Logopäden und Pädagogen.
Zonta Uzhhorod hat den Kindern einen Kino Besuch in Uzhhorod spendiert. Eine ganz besondere Abwechslung für die Kinder.
Bei meinem Besuch dort ist auch wieder die Künstler und Therapeutengruppe von „Cinema Space" beteiligt, die mit den Kindern malen, töpfern und spielen. Später führen sie dann auch einen Film vor. Auch sie werden von Zonta unterstützt.
• Ein Projekt von Müttern mit behinderten Kindern in Uzhhorod
Das Projekt ist in einem Gebäude der Kirche untergebracht und wird von der Caritas unterstützt. Ca. 22 Kinder werden hier betreut.
Sie verdienen ein wenig Geld mit dem Herstellen von Kerzen und dem Trocknen von Früchten.
16 Jugendliche sollen hier bald in einer Wohngemeinschaft zusammenwohnen und selbständig ihren Alltag meistern.
Ein Kaffee mit angeschlossener Bäckerei, das bald öffnet soll ihnen helfen möglichst selbständig zu leben.
Ob und was Zonta Uzhhorod hier unterstützen kann wird noch entschieden.
Das sind die Projekte, die ich diesmal gesehen habe.
Der Club unterstützt auch weiterhin noch eine Theatergruppe von Geflüchteten und das Sozialkaffee „Cinema Space". Im Winter ist es Wärmestube und das ganze Jahr über arbeiten hier Künstler und Kreative und geben Kurse für Kinder und Erwachsenen.
Die „Parada" Fabrik leiht ihnen regelmäßig einen Bus aus damit sie zu Kinderheimen in der Umgebung fahren können. Die Kinder dort freuen sich sehr über die Abwechslung und das kreative arbeiten.
Und dann habe ich noch ein Interview mit dem öffentlichen Radio gemacht, in dem ich über das Engagement von Zonta erzählen konnte.
Am schönsten und am traurigsten war es, mit den Freundinnen aus Uzhhorod zusammen zu sitzen und zu sprechen. Viele Fragen stehen im Raum. Die wichtigste: Was wird nach dem Krieg? Was machen wir zuerst?
Wie lange und vor allem wie weit werden uns die westlichen Länder unterstützen?
Wollen sie uns überhaupt in der EU?
Wie wird unser Leben und das unserer Kinder in Zukunft aussehen?
Fragen, die heute keiner beantworten kann.

Beim Radio Interview
Die Nähe zu Zonta ist für alle sehr wichtig – und natürlich auch unsere tätige Solidarität. Der Club wächst: Am vorletzten Abend meiner Reise werden drei neue Mitglieder aufgenommen. Dazu sind auch Zontians aus der Stadt Lviv nach Uzhhorod gereist.
Wir bleiben dran:
Wir werden unsere Clubs und deren Mitlieder weiter unterstützen. Slava Ukraїni!

Text und alle Fotos der Seite: Régine Deguelle ZC Berlin 1989